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Strassennamen verraten Interessantes und Wissenswertes

Mein kleiner Laden lag direkt neben dem Café Matinal, in San Francisco. Die kleine Gasse gehört zum alten Teil des Dorfes und heißt auf Deutsch Strasse des Erzherzogs Luis Salvador. Aber wer war diese Persönlichkeit, dass man ihr eine Strasse widmet?

Archi, wie man den Erzherzog Luis Salvador von Österreich im Hause Habsburg nannte, war eins der elf Kinder des österreichischen Erzherzogs und späteren Kaisers des heiligen römischen Reiches Leopold II und Marie Antoinette der zwei Sizilien. Deshalb wurde ihr Sohn Luis am 4.8.1847 auch in Florenz geboren. Er war gleichzeitig Prinz der Toscana, Ungarn und Böhmen.

Man hatte großes vor mit diesem Sohn. Er sollte eine brillante Militär-Karriere machen. Aber Luis brachte es nur bis zum Offizier. Er war nicht gemacht für diesen Beruf. Seine Sprachbegabung, die nie zu sättigende Neugier auf andere Länder und sein Zeichentalent, das Interesse für Naturwissenschaften und Geografie, gepaart mit einem absoluten Freiheitswillen machten ihn zum enfant terrible des Habsburger Hofes. Vielleicht floh er auch vor dem Fluch, der offenbar über dieser Dynastie lag, denn fast keiner seiner Verwandten und Vorfahren waren eines natürlichen Todes gestorben. Sogar seine versprochene zukünftige Frau Mathilde starb, verbrannt bei einer Feierlichkeit.

Archi beschloss nämlich zu reisen, statt in Kriege zu ziehen und wurde wohl damit der erste Aussteiger seiner Zeit, um ein Leben zu führen, dass alles andere als “ standesgerecht“ war. nämlich liberal und bohemial für seinen Stand und seine Herkunft. Seine Spuren findet man auch in Böhmen und Italien, aber seine wirkliche Liebe galt den Balearen. Vor allem Mallorca. Und dort installierte er sich. Die Insel muss mit seiner exorbitanten Natur eine Faszination auf den brillanten Ethnografen ausgeübt haben. In minutiöser Kleinarbeit zeichnete und beschrieb er das soziale Leben der Bevölkerung, ihre Kultur, die Feste und Feierlichkeiten. Er erforschte Flora und Fauna auf wissenschaftliche Weise und hinterließ bis zu seinem Tod ein Archiv von soziologisch unkalkulierbarem Wert für die zukünftigen Generationen.

1867 kam er zum ersten Mal auf die Insel. Ein Eldorado für seinen unstillbaren Wissensdurst. Er wollte nicht der Sohn aus hohem Hause sein und nannte sich deshalb schlicht als Reisender inkognito, Graf Neudorf. Für seine Cousine, die junge Kaiserin Sissi war er der ideale Cousin, denn sie langweilte sich zu Tode mit ihrem senilen Gatten Kaiser Franz Josef I. von Österreich. Deshalb war sie mehrmals auf Mallorca, um sich hier endlich mal etwas zu amüsieren in ihrer jugendlichen Unbeschwertheit. Außerdem traf sie in diesem Milieu die interessantesten Künstler, Wissenschaftler, Schriftsteller, Biologen und Geologen aus ganz Europa. Luis Salvador selbst war zwar körperlich etwas behindert. Er litt an der sogenannten Elefantiasis, die ihn schlecht gehen ließ und er brauchte oft Hilfe . Aber das bremste in keinster Weise seine Reiselust oder seine Beliebtheit als Mensch. Er beherrschte vierzehn Sprachen und hatte deshalb keine Probleme, Menschen multikultureller couleur zu treffen.

Archi hatte inzwischen ein riesiges Stück Land gekauft, in der Nähe von Valledemosa und Déjà. Für die Bauern der Gegend etwas verwunderlich, denn es „bestand nur aus Wald und Steinen“, wie Dokumente belegen. Aber für ihn war es ein Paradies mit einer unbeschreiblichen Aussicht auf das Mittelmeer. Zuerst verbot er das Jagen in seinem Wald. Er dokumentiert in seinen Aufzeichnungen, dass es mehr als 2000 Feigenbäume gab, aber wenig Oliven- und noch weniger Mandelbäume. Außerdem gab es nur 326 Häuser und 1.634 Einwohner auf der ganzen Insel. Es ist das Jahr 1876. Die Menschen in seiner Umgebung bekommen plötzlich Arbeit auf seinem Grundstück. La Estaca nennt er es. Man baut Gemüse an, es gibt Obstbäume, Olivenhaine un Weinfelder. Der Herzog wusste sehr wohl, wie guter Wein sein musste, und welchen Prozess dieser durchmachen muss, um akzeptiert zu sein. Das Ergebnis ließ sich sehen: Internationale Preise auf Expositionen und Messen. In Madrid, Paris, Chicago. Aber vor allem die Weltausstellung in Barcelona 1888 brachten ihm Prestige und Weltruf ein. Auch sein Oliven-Oel von Son Morages, wie dieser Teil des Gutes hieß, übertraf andere wegen seiner hervorragenden Qualität. Eins der inzwischen entstandenen Häuser auf dem Grundstück verwandelte er in eine permanente Ausstellung, eine Art Museum um und nannte es „Exposition- Landwirtschaft und Industrie der Balearen“. Aufgrund seines großen Interesses an Kultur und Kunst wurde er ein hochangesehener Mäzen für viele Künstler und Wissenschaftler, die finanzielle Hilfe brauchten.

Inzwischen hatte er ein Boot, die Nixe angeschafft, um die anderen Inseln zu besuchen. Auf diese Weise kam er auch nach Formentera, das ein bittersüßes Gefühl in ihm hinterließ. Verständlich, denn die Insel bestand fast nur aus Wald, war rauh und wenig gastfreundlich. Nach so vielen Jahren der Piraterie, Entvölkerung wegen der Pest und der schlechten Verbindung zum Festland oder zu den anderen Inseln, war es eher eine Art von “ Strafkolonie“. In einem seiner zwölf – im Brockhaus- Verlag Leipzig veröffentlichen Bände Die Balearen schreibt er über die Kleinste der Pitiüsen, und nicht gerade enthusiastisch.

Son Maroig, die Hauptfinca des Grundstückes mit seinem Aussichts- Pavillon aus Marmor aus Carrera, ließ noch Luis Salvador bauen. Das Gelände in Gesamtheit ist zum historischen Kulturerbe erklärt worden. Deshalb ist der Name des Erzherzogs von Österreich, Luis Salvador bis heute eng mit Mallorca und ganz Spaniens verbunden. Dieser Teil Mallorcas zieht mit seiner Geschichte und seinen Gärten Touristen aus aller Welt an, um die einzigartige Aussicht auf das Mittelmeer in seiner vollen Schönheit von dieser kleinen , exclusiven Aussichtsplattform zu genießen.

Nach seinem Tode am 12.10.1915 in Böhmen, ging das gesamte Erbe auf seinen Sekretär Antoni Vives und dessen Familie und Nachfahren über. Mikel Douglas erwarb das Gebäude von Son Maroig. Seiner Initiative ist es zu verdanken, dass es heute auf dem Gelände ein kleines Museum gibt , das über die Geschichte und die Persönlichkeit des Gründers erzählt.

Natürlich wurde Luis Salvador Ehrenbüger Mallorcas. Denn ein großer Teil des heutigen Tourismus der Insel kann man seiner wegweisenden Voraussicht zuschreiben. Seine vielen Ehrungen, Anerkennungen und Ehrenmitgliedschaften bei botanischen, wissenschaftlichen und kulturellen Institutionen in ganz Europa sind kaum zu zählen. Wenn man seine Bücher, Original- Auflagen antiquarisch finden kann, zahlt man zwischen 1.800 und 3000€. für jeden einzelnen Band.

Was für ein interessanter Straßenname für eine so kleine Gasse, wo meine tienda 10 Jahre zu finden war! Aber ganz sicher wäre es im Sinne des Mannes, der auf militärische Dekorationen und überdimensionalen Reichtum verzichtete, um ein Leben seinen Talenten entsprechend, für die Entwicklung einer Insel und in absoluter Freiheit zu führen, Eine kleine Gasse auf Formentera, würdig, seinen Namen zu tragen, immer noch antik und authentisch !

Schönes Wochenende!

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Barbara

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